„Mehr Schatten als Licht im ersten Doppelhaushalt“

Fraktionsvorsitzender Walter Lochmann
Walter Lochmann

„Mehr Schatten als Licht im ersten Doppelhaushalt“

– es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,

sehr geehrter Herr Bürgermeister,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

meine Damen und Herren von der Presse,

liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,

 

ich möchte Ihnen in der gebotenen Kürze  die Stellungnahme der SPD zum Doppel-Haushalt  vortragen und Ihnen die Position unserer Fraktion erläutern und nahebringen.

Unser ausdrücklicher Dank gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt Bad Vilbel und der mit ihr verbundenen Betriebe für ihre zum Teil seit Jahren zum Wohle der Bürgerinnen und Bürgern geleistete Arbeit. Gleichermaßen ist der stetig steigenden Zahl von Ehrenamtlichen zu danken, die sich in Vereinen, in der Flüchtlingshilfe, der AWO  oder der Bürgeraktive für unsere Stadt einsetzen – und angesichts der Ausweichmanöver der CDU im HuF seien die Feuerwehrkräfte erwähnt.

Die meisten Anträge zum Haushalt standen bereits im Haupt- und Finanzausschuss auf der Tagesordnung – und diese Sitzung hinterließ bei mir einen denkbar schlechten Eindruck. Zum einen, weil anders als in der Februarsitzungsrunde kaum ein Argument ausgetauscht wurde, FDP und FW beteiligten sich quasi nicht an der Diskussion. Aus der CDU wehte ab und an ein sachlicher Wind aus Gronau in die Debatte. Die schweigende Mehrheit teilt offensichtlich den Kurs der CDU-Fraktionsvorsitzenden, die ganz augenscheinlich unter Wahlkampf das grundsätzliche Ablehnen von SPD-Anträgen versteht. Dies ist Ausdruck mangelnden Respekts gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, die uns ihre Stimme gegeben haben. Zudem zeigt sich ein offensichtlich merkwürdiges Verständnis von der Verantwortung für die Stadt, die alle Parlamentarier haben: die CDU suchte im HuF nicht im Ringen mit uns bessere Lösungen im Interesse unserer Stadt, sondern watschte die SPD-Anträge ab. So wurde der Zuschussantrag für pro familia kalt lächelnd abserviert.

Ich erneuere unser Angebot an die Mehrheitsfraktionen und strecke zum Wohle der Stadt die Hand zur Kooperation aus – die die kommunalen Haushalte belastenden Ausgaben für Kinderbetreuung sind das größte Problem und auch der kommunale Finanzausgleich gehört neu geregelt. Die Initiativen von Dr. Stöhr als Präsidiumsmitglied im Hessischen Städte- und Gemeindebund finden wir gut – nicht gut ist die Haushalts-Lage in Bad Vilbel, und das ist heute Abend das Thema.

Folgen des nicht genehmigten Haushalts 2014 belasten städtische Entwicklung – Kämmerer und CDU/FDP-Mehrheit fehlt das Verständnis zum Steuern eines defizitären Haushalts

Seit einem Jahr kann die Stadtregierung wissen, dass es aufgrund eines seit langem bekannten Defizits im Ergebnishaushalt keinen genehmigten  Haushalt 2014 geben wird. Nun scheinen einige Verantwortliche zu denken „macht ja nix, das Jahr ist rum und geschadet hat es auch niemanden.“. Das ist natürlich grob gefährlich: zum Einen ist das Argument, es könnten keine Erzieher und Erzieherinnen eingestellt werden falsch – die Kinderbetreuung gehört zum Pflichtangebot und es hätte Personal eingestellt werden können. Zum anderen hat der Kämmerer gegenüber der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken wollen, als habe der Ergebnishaushalt mit einem „dicken Millionen-Plus“ abgeschlossen. Allerdings besteht weiter ein erhebliches Millionen – Defizit im Ergebnishaushalt. Dieses Defizit wird –gemeinsam mit der strittigen Straßenbeitragssatzung – vermutlich dazu führen, dass neben dem Haushalt 2014 auch der Doppelhaushalt 2015/2016 keine Genehmigung erhalten werde.

Im investiven Bereich konnten Ausgaben nicht getätigt werden, dies betrifft vor allem die Sanierung der Stolperfallen in der Frankfurter Straße und die Dieselstraße.

Straßenbeitragssatzung „Vilbeler Modell“ ist eine Mogelpackung

Trotz erheblicher rechtlicher Bedenken verabschiedeten CDU und FDP das sog. „Vilbeler Modell“ einer Straßenbeitragssatzung. Die Annahme von CDU und FDP, Beuth würde die Kommunalaufsicht anweisen, die Bad Vilbeler Straßenbeitragssatzung zu genehmigen, war ein Versuch, den Bürgerinnen und Bürgern Sand in die Augen zu streuen. Beuth wäre, wie es im Volksmund heißt, von allen guten Geistern verlassen, wenn er hier eine „LexVilbel“ anweisen würde. Entscheidungen treffen ist unser Stichwort: liest man die Verlautbarungen von CDU und FDP, sitzt in Friedberg ein SPD-Landrat, der die Kommunen jetzt zu allerlei unangenehmen Dingen zwingt. Der Kämmerer, aber auch Irene Utter und die beiden Landtagsabgeordneten Tobias Utter und Jörg Uwe Hahn, wissen genau, dass der Landrat als Land Hessen handelt  -wer will, erkennt es am Briefkopf mit Wappen des Landes. Er ist verpflichtet der Anweisung des CDU-Innenministers Beuth in Form des sog. Herbsterlasses folge zu leisten und ihn umzusetzen und er betreibt keine Parteipolitik.

Wir wollten in einer Anfrage wissen, welche ungefähren Kosten auf die Anlieger in der Dieselstraße zukommen – die Antwort war ausweichend. Obwohl wir mit dieser Anfrage einen Stupser gaben (Dieselstraße da war doch was) ist nichts passiert. Natürlich hätte der Magistrat bei der Kommunalaufsicht beantragen können, die im Haushalt 2014 eingestellten 700  T € freizugeben, damit es endlich mit der Sanierung losgehen kann. So haben wir die Situation, dass bei weiter nicht genehmigtem HH die Landeszuschüsse auf dem Spiel stehen. Aber die Dieselstraße eignet sich gut, die unsolidarische und wenig gerechte Straßenbeitragssatzung der CDU/FDP-Variante aufzuzeigen. Wir haben ja in der Diskussion den unsäglichen Beschimpfungen von Herrn Gecks anhören müssen, Stichwort Erschießungskommando. Die CDU hatte Aktionskunst im Programm. Herr Cleve hatte einen Schuhkarton dabei und konnte Solidarität bei unserem Modell der Straßenbeitragssatzung nicht erkennen. Ich dachte das „C“ steht für christlich und da empfehle ich doch die Lektüre der Bibel, wenn es um Fragen der Nächstenliebe geht, die ja ein anderer Ausdruck für Solidarität ist.

Es stehen also 700 T € im nicht genehmigten Haushalt 2014, dazu 300 T € Kanalisationsarbeiten und möglicherweise übernehmen die Stadtwerke AG (SW AG) bei der Sanierung sinnvoller weise mit zu erledigende Arbeiten; dazu kommen Landesmittel. Die Landesmittel kommen aus dem allgemeinen Steueraufkommen, ebenso die Kosten für die Kanalisation. Die Kosten der SW AG werden auf alle Nutzer verteilt – wieso nun ausgerechnet der verbleibende Rest den wenigen Anwohnern aufgebürdet wird, anstatt dies im Rahmen eines Abrechnungsgebietes auf mehrere Einheiten umzulegen und damit die Belastung für die einzelnen Hausbesitzer zu senken, bleibt  mir unerklärlich. Sachgerecht uns solidarisch ist es nicht.

Verzicht auf Einnahmen und Einsparpotenziale

Durch das erhebliche Defizit ist die Stadt Bad Vilbel gezwungen, Gebühren und Steuern zu erhöhen. Dies geschieht in diesem Jahr  durch die Erhöhung der Friedhofsgebühren, die wir mittragen, auch wenn wir einen moderaten Anstieg der Gebühren in den Folgejahren in Höhe der Teuerungsrate für angemessener halten.

Mögliche Einsparpotenziale durch interkommunale Zusammenarbeit werden nicht realisiert wie bei den städtischen Bauhöfen oder erst gar nicht angegangen: warum arbeiten viele Gemeinden beim Rechnungswesen oder beim freiwilligen Polizeidienst interkommunal

zusammen, und nur Bad Vilbel ist nicht häufig dabei? Ist der jetzige CDU/FDP-Magistrat so von sich und seiner Arbeit überzeugt, dass Chancen nicht gesehen werden oder ist es gar schlimmer: will mit unserer Stadt niemand kooperieren? Das wäre ein Armutszeugnis und eine schlechte Rolle für Bad Vilbel in der kommunalen Familie.

Verzichtet wurde auf Einnahmen aus der Gewerbesteuer – und niemand braucht heute Abend die x. Belehrung, dass diese Einnahmen volatil sind. Wir haben seit der vergleichen Prüfung des LRH, der eine Erhöhung auf 368 % empfahl, regelmäßig Anträge gestellt, den Hebesatz maßvoll auf 340% anheben. Dies von der Koalition regelmäßig abgelehnt worden – und damit haben wir auf Einnahmen verzichtet. Zum einen wegen der zu niedrigen Satzes und was noch bedenklicher ist: wir haben zu viel Kreis- und Schulumlage bezahlt, weil der Referenzwert bei 310 % lag. Dann kam eine Wende – weitere Senkung auf 280 %, wahrscheinlich wg. der Ankündigung eines Unternehmens, mehr Einnahmen in Bad Vilbel zu versteuern. Wir hielten und halten so eine Politik für falsch – den Referenzbetrag von 310 % hätten wir um 30 % unterschritten mit den beschriebenen Folgen für die Kreisumlage. Dann Wende rückwärts – weil angeblich nicht bekannt war, dass der Referenzsatz vom Land erhöht werden soll. Das kann man glauben; ich glaube eher nicht, dass Dr. Stöhr als Präsidiumsmitglied im Hessischen Städte- und Gemeindebund und unsere beiden Landtagsabgeordneten davon nichts gewusst haben. Wahrscheinlich mussten sie die Kehrtwende von Herrn Minkel nachvollziehen.

Problematisch ist, dass mit einer solchen Außendarstellung der Ruf der Stadt, ein seriöser Partner zu sein, erheblich angegriffen wird. Dem soll ein weiteres Beispiel folgen: „Silicon Valley in Bad Vilbel“. Ganz unbescheiden muss ich hier die Arbeit meiner Fraktion loben – es gibt Hinweise aus der Bürgerschaft, wir greifen diese auf und recherchieren und stellen unsere Informationen der Öffentlichkeit zur Verfügung; und zwar so rechtzeitig, dass unser allseits mit großem Interesse gelesenes amtliches Mitteilungsblatt die Meldung noch mitnehmen kann.

Inhaltlich halte ich das Projekt für einen Flop; da werden Grundstücksflächen verhandelt, die gar nicht mehr zur Verfügung stehen. Und laut Herrn Minkel gibt es nur eine Vereinbarung – nämlich Stillschweigen. Und diese Vereinbarung wird dann gebrochen, vom möglichen Investor und von Dr. Stöhr. Das ist doch keine seriöse Politik zur Vermarktung eines Premiumgewerbegebiets – das ist fortgesetztes Missmanagement und deshalb ist unsere Forderung nach einem professionellen Vermarkter nicht abstrus, wie die CDU glaubt, sondern dringend nötig.

Den Hinweis von Herrn Minkel, bei einem Beruhigungstee die Entwicklung abzuwarten, nehme ich als kollegialen Hinweis für meine Gesundheit gerne an –  aber als aus dem gescheiterten Chinaprojekt gelernt wurde, dass nicht für „lau“ ein Filetgewerbegebiet reserviert wird – auch das kostet Geld, weil im Falle China auf eine entsprechende Entschädigung für unsere laufenden Kosten verzichtet wurde.

Versprochen – nicht gehalten
Wir sind nicht der versprochene „Leuchtturm in der U 3 – Betreuung“, es gibt ein Defizit von über 80 Plätzen. Erzieherinnenstellen werden nicht besetzt und entgegen der Zahlen aus der Verwaltung wird die Entwicklung auf dem Heilsberg nicht durch die notwendigen Investitionen unterstützt.

Der Sozialausschuss scheint nur zu tagen, wenn wir konkrete Anträge mit Handlungsaufträgen einbringen, offensichtlich haben CDU/FDP/FW zwar der Einrichtung des Ausschusses zugestimmt, aber die Kompetenz aller Mitglieder wird zu selten für notwendige fachpolitische Diskussionen genutzt. Beispiel: Spielleitplanung 2011, Vorstellung des Konzeptes des (immer noch nur geplanten) Jugendhauses Heilsberg 2013, Vorstellung des Kita-Entwicklungsplans 2014.

Es gibt ein Verkehrskonzept für Kernstadt und Stadtteile. Das sollte unverzüglich  veröffentlicht werden, zumal schon parlamentarische Anfragen mittels eines Deckblattes mit einem Inhaltsverzeichnis dieses Konzepts beantwortet wurden. Passiert ist noch nichts – beim einstimmig vom OBR verabschiedeten Antrag für ein Verkehrskonzept Massenheim glänzte die CDU im HuF durch lächerlich machen.

Immer wieder ist die unzureichende Grünpflege ein ärgerliches Thema. Um unseren letzt jährigen HH nicht zustimmen zu müssen, kam ein Antrag von CDU/FDP in der Sitzung des Stadtparlaments am 12. November 2013. Darin hieß es: „Die Fraktionen von CDU und FDP beantragen, die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen, für die Beschaffung von belastbaren Datenstrukturen über die städtischen Grünflächen 30.000 Euro in den Nachtragshaushalt einzustellen.“ Begründung u.a.: „Diese belastbare Datenbasis soll über externe Fachleute (keine Gutachter oder Berater) ermittelt werden. Diese Grundlage ist unabdingbare Voraussetzung für die weiteren Schritte, in denen Planungskompetenz verbessert, Personaleinsatz effizienter gestaltet und Pflegelevel individuell festgelegt werden.“ Passiert ist dann ein Jahr lang anscheinend nichts, zumindest gab es auf Nachfragen keine Ergebnisse. „Jetzt wurde der Minkel zum Gärtner gemacht“ – und ein Beschluss des Parlaments missachtet. Hier könnten Effizienzsteigerungen greifen – aber augenscheinlich fällt der Mehrheit nur das „Prinzip Minkel“ ein – es muss doch allen einleuchten, dass nicht eine Person alles regeln kann.

Lassen Sie mich aber noch kurz auf das Verhalten der CDU und FDP zu den Anträgen der Ortsbeiräte Massenheim und Heilsberg kommen. Dass die Koalition im Haupt- und Finanzausschuss sämtliche Haushaltsanträge, die dort einstimmig oder mehrheitlich beschlossen wurden, abgelehnt haben und wahrscheinlich auch heute ablehnen werden, zeigt deutlich, wie wenig ernst die Koalition im Stadtparlament und im Magistrat die Ortsbeiräte und die Bürgerinnen und Bürger nimmt.

Symbolisch für Ankündigen und Versprechen und Nichtumsetzen sind die „Heilsberger Anträge“ zum Jugendhaus und zum Kitabau. Als Dauerbrenner kann schon der Bücherschrank und der Bolzplatz gelten – Anträge ablehnen, lächerlich machen und nix umsetzen, das ist die aktuelle Politik.

Stimmen Sie unseren HH-Anträgen zu und zeigen sie so, dass Sie aus Fehlern und Kritik lernen und die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen

Ich danke meiner Fraktion für die unermüdliche Arbeit und unseren kollegialen Umgangsstil und wünsche mir, dass mit Blick auf die Kommunalwahl Sachlichkeit und Respekt ins Parlament einziehen.

Streiten ja, unterschiedliche Auffassungen deutlich machen, zeigen wofür FDP, CDU, Grüne und wir stehen, das ist die Streitkultur, die wir wollen. Und nur so  wird den Wählerinnen und Wählern am 6. März die Entscheidung erleichtert. Ich bin sicher, die Menschen wissen was sie zu tun haben.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!